Die neue Rolle von Personalentwicklung und HR: Als Enabler schaffen sie die Basis für die lernenden Organisationen der Zukunft!
Ein Gastbeitrag von Henning Behrens, Experte für Lern- und Kulturentwicklung und Co-Founder der KulturEntwickler
Die Digitalisierung ändert vielerorts die Rahmenbedingungen und zwingt uns zum Handeln. Auch das Lernen in Organisationen muss sich neu erfinden. Dabei wird der Ruf nach einer Lernkultur immer lauter. Organisation- und Lernkultur sind per se nichts Neues, jedoch sind sie heute zwingend erforderlich, denn die Kommunikation wird immer schneller und diverser. Digitale Kommunikations-Tools wie Slack und Co. erweitern das Teamdenken durch neue Arten der Kollaboration und Vernetzung und führen zu interdisziplinären, organisationalen Veränderungen. Hinzu kommt, dass sich Entwicklungs- & Produktlebenszyklen stark verkürzen. Das globale Wissen erneuert sich innerhalb von weniger als fünf Jahren. Zudem wandeln sich die herkömmlichen Strukturen der Arbeitswelt: Disruptive Geschäftsmodelle von Mitbewerbern und Startups verdrängen etablierte Organisationen aus dem Markt und der Fokus der Shareholder verschiebt sich zu mehr Nachhaltigkeit, Sinn, Freiheit, Flexibilität und Kreativität.
Die Digitalisierung wird auch die Bildung grundlegend verändern: Es ergeben sich technische Möglichkeiten, die wir bisher nicht hatten und daraus wiederum erwachsen vollkommen neue Berufsbilder und -felder. Das gewohnte Bild wird, wie in anderen Bereichen auch, auf den Kopf gestellt. Selbstorganisation ist dabei einer der Schlüssel, um den Wandel aktiv begleiten und mitgestalten zu können. Es müssen Antworten auf folgende Fragen gefunden werden: Wer entscheidet eigentlich, was Mitarbeiter lernen sollen oder dürfen? Überlassen wir die Entscheidung komplett dem Einzelnen? Geben wir Freiräume zum Lernen und verknüpfen Lernen und Arbeiten? Was ist mit dem Anspruch, den Personalentwicklung und Vorgesetzte an die (Weiter-)Bildung der Mitarbeiter haben? Verstehen wir Lernen als persönliche Entwicklung?
Viele Organisationen haben zwar eine Vision zum Wandel in der Lern- und Wissenskultur. Es gibt allerdings wenige zielgerichtete Roadmaps, Tasks oder andere Schritte im Lernkontext. Beispielsweise werden in der Weiterbildung immer wieder neue Ansätze ausprobiert – und dabei alte dennoch nicht geändert. Beides bringt jedoch das Problem mit sich, dass Angebote nicht richtig genutzt oder angenommen werden. Akademien werden häufig nicht für Trainings und Workshops genutzt, sondern auch gleich zur Planung weiterer Seminare. Der Trainer und die Lernstruktur sind also grundsätzlich vorhanden und werden als Basis genutzt. Das Training selbst gerät jedoch in den Hintergrund, insbesondere die möglichen Communitys beziehungsweise Austauschplattformen fehlen. Der Fokus liegt also auf der Akademie als Institution und nicht auf den Teilnehmenden als Lernende. Auch die Sichtweise von Training und Weiterbildung ist in den verschiedenen Abteilungen sehr unterschiedlich. Es fehlt die gemeinsame Vision dessen, was mit Training in der Organisation erreicht werden soll. Das gemeinsame Ziel ist unklar.
Warum muss sich etwas ändern? Die zunehmend komplexere und agilere Arbeitswelt verlangt nach ebenso komplexen Modellen in Denken und Handeln: Neben digitalen, emotionalen und fachlichen Kompetenzen werden agile Methoden und New Leadership Skills immer wichtiger. Dies sind nur wenige Puzzlestücke der Veränderung. Übergänge sind zudem fließend – nicht statisch, sondern extrem beweglich und volatil. Als Folge müssen sich die Menschen einer Organisation und die Organisation selbst permanent weiterbilden und -entwickeln.
Das klingt herausfordernd und das ist es auch. Wir werden eine neue Organisation- und Lernkultur nicht über Nacht erschaffen, sondern es bedarf Zeit und Engagement in allen Instanzen. Bevor es ans „neue Lernen“ geht, muss im Besonderen an der Lern- und Kommunikationskultur gearbeitet werden; Geschäfts- und Lernziele müssen angeglichen und in Einklang gebracht werden. Schließlich möchten wir eine Lernkultur und nicht viele Paralleluniversen! Die neue Lernkultur sollte analog und digital zugleich, flexibel und ständig verfügbar, nachhaltig, gamifiziert und natürlich relevant sein. Genau wie die Menschen der Organisationen es aus ihrem privaten Leben kennen. Schließlich ist auch dort alles „auf Abruf“ und auf jedem Endgerät verfügbar, sodass sich die persönliche Erwartungshaltung entsprechend auch gegenüber Lernangeboten verändert. Viele Unternehmen denken, dass sie das Problem mithilfe einer neuen Videoplattform im bestehenden Learning-Management-System oder dem Besuch eines New Work und New Leadership Kurses lösen – doch dies ist ein Trugschluss, denn der Mensch selbst wird dabei vergessen.
Wie also schaffen wir eine passende Lernkultur? Human Resources und Personalentwicklung sind die Enabler für die lernenden Organisationen der Zukunft! Sie schaffen die Basis, um Wissen zu fördern und zu verbreiten. Die Lehrenden bekommen eine neue Rolle und sind nicht mehr die „Hüter und Herrscher des Wissens“. Statt Know-How bloß zur Verfügung zu stellen werden sie zu Lernberatern, Moderatoren und Coaches. Sie unterstützen die Mitarbeiter, sich Dinge zu erarbeiten und stehen als Experten bereit. Mitarbeiter werden befähigt, selbstbestimmt zu lernen; sie werden befähigt, den eigenen Lernbedarf zu erkennen. Dies machen sie aber natürlich nicht nur allein. Digitalisierung heißt auch in Communities zu denken. Lernen ist sozial und findet im Dialog statt. Kollaboration, Lernbegleitung und Feedback sind nur drei Puzzleteile, die uns helfen, das Lernen agil und interaktiv zu gestalten.
Damit all dies in unserer mittlerweile doch sehr eng getakteten Welt möglich sein kann, müssen Freiräume geschaffen und die entsprechende Infrastruktur bereitgestellt werden. Es muss sich klar zu einer gelebten Lernkultur bekannt werden und auch Führungskräfte müssen diese leben. Im Sinne des Servant Leaders wird der Mitarbeiter unterstützt, sich dahin zu entwickeln, wo er wirklich seine volle Leistung in die Organisation einbringen kann. Letztendlich ist das alles eine Frage des Mindsets, der (Lern-)Kultur der Organisation. Wissen muss über alle Instanzen geteilt werden, frei nach dem Motto „Geteiltes Leid ist halbes Leid und geteiltes Wissen ist gesteigerte Innovation.“ Aktiviert man jetzt noch die Kommunikation und den Austausch unter den Mitarbeitenden, ermöglicht Interaktion und Flexibilität innerhalb des Unternehmens, dann ist man auf dem besten Wege zu einer zeitgemäßen und gelebten Lernkultur!