Was ist künstliche Intelligenz? Darauf gibt es nicht die eine Antwort, finden wir. Dennoch, wer ein monothematisches Heft zum Thema KI macht, der kommt um nicht umhin, diese Frage eingangs in den Raum zu stellen. Das haben wir getan. Zugleich aber auch vorweg genommen, dass unsere Leser keine Definition erwarten dürfen. Stattdessen zeigen wir im Clutch-Special auf, was KI kann und wie die Technologien unsere Gesellschaft, unsere Arbeit, unser Leben beeinflussen.
Das tun wir, indem wir in diesem Text viele weitere Fragen aufwerfen. Wer nun lieber knackige, schnörkellose Thesen lesen möchte, dem empfehlen wir unser Kurzinterview mit Dr. Klaus Holthausen, Physiker, Neurowissenschaftler und CEO des Blockchain-Unternehmens Teal.
Wo fängt KI an?
Wo fängt KI an und wann wird ein gewöhnlicher Computer zur KI oder gar zu einem Roboter? Außerdem gilt es zu verstehen: Wie definieren wir die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine? Warum bauen wir intelligente Roboter, die aussehen wie Menschen, wenn wir doch eben damit die Grenzen zwischen Natur und Technik aufweichen?
Eine künstliche Intelligenz kann viele Gestalten annehmen und ist inzwischen zum treuen Begleiter aller Menschen geworden, die zumindest ein Smartphone besitzen. Zunächst ist KI ja nichts weiter als sehr komplexe Technologie. Algorithmen, die in der Lage sind, riesige Mengen an Daten zu verarbeiten, zu analysieren und zu sortieren. Wieso aber bezeichnen wir diese Algorithmen als intelligent? Stephen Hawking hat einmal gesagt, dass „Intelligenz die Fähigkeit ist, sich dem Wandel anzupassen“. Kann eine künstliche Intelligenz das? Die Computer sind ja noch nicht einmal im Stande, sich all die Daten, die sie brauchen, selbst zusammenzusuchen. Und sie rechnen und analysieren auch nicht aus eigenem Antrieb. Entwickler und Programmierer geben noch immer – mehr oder weniger – jeden Schritt vor. Die KI reagiert demnach eben nicht selbstständig auf Veränderungen, sondern wird von Menschenhand erzogen. Kein Hexenwerk, oder? Wenn es dann doch mal so einfach wäre. Hawking sagte nämlich auch, dass Computer ihre Leistungen alle 18 Monate verdoppeln könnten und deswegen die reale Gefahr bestünde, dass sie doch eine Intelligenz entwickeln und die Weltherrschaft übernehmen. Ist eine KI jetzt Freund oder Feind? Derzeit wissen wir es noch nicht.
Was sehen Sie, wenn Sie an KI denken?
Wir können schon einmal festhalten: Künstliche Intelligenz heißt „künstlich“, weil sie menschengemacht ist. Es ist zunächst ein semantisches Konzept, das von uns erdacht wurde und dem wir ganz automatisch Leben einhauchen wollen, um es zu verstehen und (be)greifbar zu machen. Womit wir ihm gleichsam menschliche Fähigkeiten zusprechen und so etwas in sich Unschlüssiges, etwas Unheimliches (ähnlich dem Freud’schen „Uncanny“) erschaffen. Das ist der narrative Stoff, aus dem Science-Fiction-Blockbuster gemacht sind. Und genau deswegen sehen die meisten bei dem Versuch, den Begriff „künstliche Intelligenz“ zu bebildern, wohl humanoide Roboter oder einen sprechenden Super-Computer mit bunt blinkenden Lämpchen vor ihrem geistigen Auge.
Wenn Sie jetzt an den sprechenden Computer denken: Hören Sie dann eine männliche oder eine weibliche Stimme? Ich möchte wetten, letzteres. Warum sind KIs, die mit uns kommunizieren, in aller Regel weiblich? Eine äußerst logische Erklärung wäre jedenfalls die, dass die meisten Entwickler und Programmierer Männer sind und – das unterstellen wir mal – in der Stimme einer Frau mehr Gefallen finden als in der eines anderen Mannes. Für prominente Sprachlösungen wie Cortana wurden allerdings auch User befragt. Und die bevorzugten ebenfalls eine weibliche Assistenz – unabhängig vom eigenen Geschlecht.
Können Maschinen die besseren Menschen sein?
Die Tech-Industrie schafft regelrechte Datenkraken, die tatsächlich zur Bedrohung werden können, je nachdem, für welche Zwecke diese eingesetzt werden. Ob nun zum Beobachten, zum Bewerten oder zum Bestrafen. Der KI wäre es aber wohl auch herzlich egal, für welche Zwecke sie missbraucht wird, denn eine Maschine kennt ja keine Moral, oder doch? Es gibt Technologien, denen Empathie beigebracht wird. Emotional intelligente Maschinen können beispielsweise anhand der menschlichen Stimme erkennen, wie es dem Sprecher geht: Ist er traurig, wütend oder gestresst? Es ist bereits Realität, dass Maschinen Emotionalität zumindest lernen und abbilden können. Sie können – jedenfalls der Theorie nach – eigenständig zwischen richtig und falsch, gut und schlecht unterscheiden.
Angenommen, man stellt solch einer vernunftgesteuerten Maschine eine gesellschaftsrelevante Frage, würde sie dann zu einer besseren Lösung kommen und weisere Entscheidungen treffen als der Mensch? Ein denkbares Szenario: KI in der Politik. Was wäre, wenn nicht Politiker in den Macht-Schaltzentralen dieser Welt am Hebel säßen, sondern eine Maschine, die unabhängig die Faktenlage bewertet? Würden dann bewaffnete Konflikte, Wirtschaftssanktionen, Kriege, Flüchtlingsströme, gar Hungersnöte und Armut der Vergangenheit angehören? Wäre unsere Welt dann eine bessere?
Die KI-Revolution ist im vollen Gange
Vielleicht. Aufgrund der Möglichkeit, riesige Datenmengen zu verarbeiten, treffen KIs faktenbasierte Entscheidungen. Das kann, wie beispielsweise in der Landwirtschaft, ein großer Vorteil sein (z. B. weniger Ernteverluste und weniger Pflanzenschutzmittel). Das kann aber auch dystopische Dimensionen annehmen, wenn Technologien und smarte Roboter in Kriegen zum Einsatz kommen oder dem Staatsapparat dazu dienen, ein ganzes Volk zu überwachen und zu regulieren.
Künstliche Intelligenz wandelt sich nicht von selbst, vielmehr ist sie Teil des Wandels, den wir derzeit erleben: Die KI-Revolution ist im vollen Gange. Dabei hält der Mensch die Zügel in der Hand und bestimmt, in welche Richtung wir steuern werden.
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(Beitragsbild: Agentur Frau Wenk)