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Governance of Blockchain (1/2)

Erkenntnisse aus der Veranstaltungsreihe Blockchance Online Live – #3
 

Die Blockchain gilt für viele als Hoffnungsträger für ein neues Zeitalter der Transparenz. Die Technologie ermöglicht dezentrale Lösungen für verschiedene Probleme und soll so verkrustete Governance-Modelle aufbrechen. Doch ein System, das Vertrauen und Transparenz schaffen soll, muss den Anforderungen an ebendiese auch selbst gerecht werden. Die Blockchain ist durch ihre Architektur quasi systemisch transparent konzipiert. Dennoch benötigt auch ein Blockchain Netzwerk eine Governance-Struktur – abhängig davon, ob es sich um ein geschlossenes oder öffentliches Netzwerk handelt und von der Zielsetzung der Anwendungen braucht es Regeln, Koordinierung und möglicherweise auch eine rechtliche Entität.

"Evolution of Democracy: E-Voting, Governance and Blockchain" damit haben sich Max Emanuel Schwarzer, Doktorand an der TU Dortmund und IT Research & Development bei DACHSER SE, Kristian Borkert, Gründer von JURIBO legal & consulting und Co-Autor der Blockchain Strategie für das Land Baden-Württemberg, und Zoltan Fazekas, Leiter des Blockchain Lab bei der iteratec GmbH, Mitglied des Bloxberg network sowie Initiator von DecentraVote, bei der dritten BLOCKCHANCE Online LIVE Show beschäftigt. Die Initiatoren haben auch dieses Mal die Schlüsselargumente und Erkenntnisse der Diskussion zusammengefasst, um – ganz im Sinne einer kollaborativen Intelligenz – eine Debatte über die Veranstaltung hinaus zu ermöglichen. Hamburg@work ist begeistert von dieser Idee und lädt ebenfalls zum mit- und weiterdenken ein.


Übersetzt aus dem Englischen, den Originaltext findest du auf dem BLOCKCHANCE Blog.



Was ist die Definition von Governance?

Der Begriff Governance muss abhängig des Kontextes, in dem er angewendet wird, definiert werden. Der Kontext variiert stark, insofern muss auch der Begriff dynamisch angepasst werden. Im Bereich der Politik- und Sozialwissenschaften betrachtet man hierbei insbesondere den Prozess der Kontrolle und Regulierung eines Staates, Marktes oder sozialen Systems durch eine Regierung.

Betrachtet man Governance von Distributed Ledger Technologie (DLT), also von dezentralen Datenbanken, sollte man einen Blick in die IT-Literatur werfen, in der Peter Weill Governance als Mischung von Entscheidungsrechte, Rechenschaftspflichten und Anreizen definiert.

Zusammenfassend lässt sich Governance als Oberbegriff für die Koordination und Regeln zwischen Akteuren, die an einem kollektiven Problem arbeiten.

Governance von privaten Blockchain Netzwerken

Auch das variiert sehr stark abhängig vom Kontext in dem das Netzwerk agiert und vom konkreten Anwendungsfall. Zudem agieren solche Netzwerke in einer inter-organisatorischen Umgebung, die unternehmensübergreifende Kooperation erfordern. Es muss daher so konzipiert sein, dass bei allen Entscheidungsprozessen die verschiedenen Akteure in zufriedenstellender Weise berücksichtigt werden. Dies kann beispielhaft die Themen Finanzierung, Partner-Onboarding, Tokenomics zur Incentivierung oder Rollenkonzepte sein.

Hierbei ist es essentiell, Mechanismen zur Überprüfung und Anpassung der Prozesse zu implementieren. Governance-Modelle für Blockchain Konsortien müssen als iterativer Prozess unter Berücksichtigung neuer  Entscheidungen oder Mitglieder verstanden werden. Außerdem - da es organisationsübergreifenden Netzwerke sind - müssen rechtliche Aspekte berücksichtigt werden. So ist die Gründung einer eigenen rechtlichen Entität aus Gründen der Haftung und Verantwortung in einigen Fällen durchaus sinnvoll.

Wie sieht ein Governance Modell aus?

Hier kann exemplarisch das Bloxberg Netzwerk betrachtet werden, ein Konsortium verschiedener Universitäten und wissenschaftlichen Institutionen mit unterschiedlichen Partikularinteressen, die ein gemeinsames Blockchain Netzwerk betreiben. Das Governance Modell sorgt hierbei für eine angemessene Gewichtung der unterschiedlichen Interessen und bestimmt auf einer Meta-Ebene, wie die Mitglieder miteinander agieren und wie individuelle Entscheidungen in der Zukunft getroffen werden.

Im Bloxberg Netzwerk betrifft dies vor allem die Qualifikation und Zulassung neuer Mitglieder und den Ausschluss von Mitgliedern bei Fehlverhalten, Erweiterung, Ergänzungen und Erweiterungen zum Regelwerk, sowie technische Verbesserungsvorschläge und Protokoll Upgrades.

Sämtliche Abstimmungen finden dann auch der Blockchain selbst statt. Die Stimmgewichtung variiert dabei und basiert auf der Partizipation bei vergangenen Abstimmungen. Die Mitglieder wählen jeweils für ein Jahr eine Person für den “Eisernen Thron”, der im Auftrag aller Mitglieder die Entscheidungen (beispielsweise das Onboarding neuer Mitglieder) ausführt. Die Ausführung wird dabei überprüft und der/die Ausführende kann verantwortlich gemacht werden. Dadurch, dass mögliche Verstöße gegen die Regeln jederzeit öffentlich einsehbar sind, ist eine Einhaltung gewährleistet. Missachtungen würden zu einem erheblichen Reputationsverlust in der wissenschaftlichen Community führen, sodass die Mitglieder des Bloxberg Netzwerkes ein natives Interesse an der korrekten Beachtung aller Regularien haben.

Aber brauchen Blockchain Netzwerke nun eine rechtliche Entität?

In einer perfekten Welt mit gegenseitigem Vertrauen, Transparenz, Fairness und altruistischen Zielen bräuchte es wohl keine rechtliche Entität. Leider ist dies noch nicht die Welt in der wir aktuell leben. Zudem wird ein rechtlicher Rahmen mit steigenden Anforderungen an Datenschutz, Betriebskontinuität und der Einhaltung von Regularien sinnvoller, damit eine rechtliche Organisation die Verantwortung für die Infrastruktur trägt und somit mögliche Haftungsfragen klar geklärt sind und Prozesse zur EInhaltung aller Datenschutzgesetze eingeführt und kontrolliert werden. Für mögliche Kunden ist ein loses Konsortium außerdem möglicherweise kein ausreichend verlässlicher Geschäftspartner. Insofern ermöglicht eine eigenen rechtliche Organisation erst die richtige Teilnahme am Markt.

Welche Organisationsform am optimalsten geeignet ist, variiert wieder stark von Fall zu Fall. Da es kein internationales oder dezentrales Unternehmensrecht gibt, sondern Organisationen immer im nationalen Rechtsrahmen agieren und dann international anerkannt sind, ist die Findung der Rechtsform ein Prozess der die Einbindung aller Mitglieder erfordert. Zunächst müssen sich alle Akteure auf einheitliche Ziele und Prinzipien des Netzwerkes einigen. Anschließend kann auf Basis dessen und unter Berücksichtigung verschiedener Standortfaktoren die passende Rechtsform gefunden werden.

Öffentliche Blockchain Netzwerke

Aber genug von Blockchain Konsortien und privaten Netzwerken. Das revolutionäre sind die öffentlichen Blockchain Netzwerke. Dezentral organisiert und ohne eine Verantwortliche Person oder Organisation. Dadurch muss das Netzwerk selbst eine Governance Struktur aufweisen und sich quasi selbst überwachen. Insofern brauchen öffentliche Netzwerke eigene Prozesse um die Weiterentwicklungen oder unvorhergesehen Probleme zu managen. Um dies zu gewährleisten braucht es ein Konsensverfahren auf zwei Ebenen: der Protokollebene und der Anwendungsebene. Zur Einbindung der Mitglieder eines Netzwerkes gibt es verschiedene Ansätze. Zunächst ist meistens die Firma, das Startup oder die Initiative verantwortlich und übergibt die Kontrolle dann an die Community. Diese umfasst die Open Source Entwickler, andere Kontributoren und die (zahlenden) Nutzer des Services. Dies wird dann als Dezentrale Autonome Organisation oder kurz DAO bezeichnet.

Was ist eine DAO?

DAO steht für decentralized autonomous organization. Es ist eine digitale und dezentrale Organisation, die über Smart Contracts mit Menschen interagiert, die wiederum Aufgaben im Netzwerk übernehmen. Die DAO erwirbt Mittel durch den Verkauf von Governance-Tokens an neue Mitglieder und weist den Teams, die Beiträge an die DAO leisten, Mittel zu. Die Mitglieder, die Wertmarken besitzen, bewerten die vorgeschlagenen Verbesserungen und überwachen den Arbeitsfortschritt der Teams. Sie wählen durch Abstimmung aus, welche Vorschläge umgesetzt werden sollen. Wenn einzelne Mitglieder mit der Mehrheitsentscheidung nicht einverstanden sind, können sie ihre Wertmarken verkaufen, wenn diese öffentlich handelbar sind oder sie können die DAO verlassen und sich ihren Anteil nach Rückgabe der Wertmarken auszahlen lassen.

Da sich die Entwickler jedoch auf das Projekt selbst und nicht auf Governance Modelle fokussieren sollen, gibt es verschiedene Frameworks (wie Aragon und DAOStack) um eine DAO mit wenigen Klicks zu erstellen und mit administrativen Basisprozessen zu hinterlegen. Diese Frameworks stellen beispielsweise Mitgliedschaften, Anträge, Wahlsystem und das Finanzmanagement zur Verfügung mit Smart Contracts und einem Out of the Box User Interface zur Verfügung.

Ungeklärt sind bei DAOs aktuell noch die Haftung und der rechtliche Umgang. Smart Contracts sind nur programmierte Regeln. Sie selbst treffen keine Entscheidungen. Insofern können Teilnehmer des Netzwerkes durchaus haftbar gemacht werden. Durch die Anonymität, die durch das Netzwerk möglich ist, ist dies jedoch ungleich schwerer als bei einer normalen Organisationsform.

Governance-Modelle als Grundlage jeder Blockchain

Zusammenfassend kann man sagen, dass ein gutes Governance-Modell essentiell für sowohl öffentliche als auch private Blockchain-Netzwerke ist. Während private Netzwerke hierbei insbesondere ein Gleichgewicht verschiedener Partikularinteressen erreichen müssen und über das Governance-Modell ein Framework für die Zusammenarbeit schafft, ist Governance für öffentliche Netzwerke die wichtigste Grundlage um Prozesse zum Erfolg des Netzwerkes zu schaffen.


Teil 2 "Governance by Blockchain (2/2)" kommt mit dem nächsten Hamburg@work Newsletter in 14 Tagen stay tuned.


BLOCKCHANCE ONLINE LIVE ist eine monatlich online ausgestrahlte Talkshow, die Branchenführer und innovative Referenten zusammenbringt, um neue Ideen und Konzepte zu Blockchain, KI und nachhaltigen Zukunftstechnologien zu diskutieren.

Den vollständigen Mitschnitt der Online-Diskussion zum Thema „Evolution of Democracy: E-Voting, Governance and Blockchain“ findest du hier auf YouTube.